Die Österreichische Haiku Gesellschaft

hat die Erforschung und Verbreitung der traditionellen japanischen Dichtkunst zum Ziel

 

The aim of the Austrian Haiku Association

is the investigation and the propagation of the traditional Japanese poetry

10 Jahre Österreichische Haiku-Gesellschaft

 

In seinem Vorwort zu Haiku in Österreich schrieb Friedrich Heller:

„Das Haiku kam über die, mit dem Österreichischen Diplomaten Graf Richard Coudenhove-Kalergi verehelichte, 1874 in Tokio geborene Mitsuko Aoyama nach Österreich.

Rainer Maria Rilke und Imma von Bodmershof griffen diese kürzeste Form der Poesie begeistert auf und führten sie für europäische Begriffe zur Meisterschaft.“

 

Bereits 1980 erschien eine von Johanna-Jonas-Lichtenwallner (1914-2002) zusammengestellte Haiku-Sammlung aus dem deutschen Sprachraum.

1992 schließt Friedrich Heller (1932-2020) mit einer ersten Anthologie ausschließlich österreichischer Autoren an.

 

In dieser Zeit existierte eine lose Gruppe österreichischer Haiku-Autorinnen/-Autoren, die sich mehrmals im Jahr zusammensetzten, zuerst unter der Leitung von Friedrich Heller, später von Isolde Schäfer. Zu dieser Gruppe stieß auch der österreichische Dichter und Literaturhistoriker Gottfried W. Stix (1911-2010), er war einer der Wegbereiter des österreichischen Haiku. Stix war von dieser lyrischen Kurzform so angetan, dass er vier Bücher dem Haiku widmete, das erste erschien 1990. Die Perfektionierung der Sprache, die sorgfältige und passende Wortwahl für die Verse waren ihm ein Anliegen.

 

Von den Ergebnissen dieser Zusammenkünfte geben jährlich erschienene Haiku-Anthologien Zeugnis, herausgegeben in der St. Georgs Presse, von Ottmar Premstaller gestaltet, von Hand gesetzt, gedruckt und in japanischer Art gebunden.

 

sie brachte den herbst

mit nach haus und stellte ihn

kunstvoll ins zimmer                                Gottfried W. Stix

 

Die Entstehung der Österreichischen Haiku Gesellschaft hat Stix nicht mehr erlebt.

1993 hatte Petra Sela (vormals Renate Niedermaier) die Edition Doppelpunkt gegründet und 13 Jahre lang die Verlagsleitung inne. Dr. Traude Veran (vormals Dr. Gertraud Schleichert) war damals schon mit an Bord.


Petra Sela befasst sich seit 1994 mit Zen und dem Haiku. 

1995 hat sie in der Ed. Doppelpunkt die Haiku-Anthologie Jenseits des Flusses mit zeitgenössischen japanischen und österreichischen Haiku-AutorInnen, in deutscher und japanischer Sprache verlegt, der Herausgeber war Friedrich Heller.

 

Der Klang des Regens. Haiku und Senryu, eine weitere Anthologie der österreichischen Haiku-Gruppe, damals schon unter der Leitung von Renate Niedermaier (später Petra Sela), wurde 2004 ebenfalls in der Ed. Doppelpunkt herausgegeben.

 

Im Rahmen ihrer Tätigkeit (seit 2008 als Vorstandsmitglied) im Verein Komparative Philosophie und interdisziplinäre Bildung (KoPhil) von Univ.-Doz.in Dr.in Mag.a Hisaki Hashi, deren wissenschaftlicher Forschungsschwerpunkt vergleichende Philosophie zwischen Ost und West ist, beschäftigte sich Petra Sela eingehend mit der Zen-Philosophie.

 

Unter ihrer Leitung fanden zahlreiche Haiku-Lesungen mit musikalischer Untermalung statt. Auch organisierte sie Veranstaltungen, zum Teil gemeinsam mit der Österreichisch-Japanischen Gesellschaft (früher Nippon), im Zeichen des österreichisch-japanischen Kulturaustausches, so auch das Symposium Einfluss der japanischen Kultur auf die österreichische und Einfluss der österreichischen auf die japanische Kultur.

 

Auf vielseitigen Wunsch sollte sich die lose Gruppe unter der Leitung von Petra Sela zu einem handlungsfähigen Verein zusammenschließen, um die gemeinsamen Interessen der Haiku-Dichter zu koordinieren, nach außen hin zu kommunizieren und zu vertreten. Das erste Treffen der Österreichischen Haiku Gesellschaft fand am 8. Oktober 2010 statt. Mit der Gründung entstand auch der Wunsch nach einer vereinseigenen Zeitschrift, in der die Autoren und Autorinnen ihre Werke der Öffentlichkeit präsentieren konnten. So entstand unter dem Vorsitz von Petra Sela die Zeitschrift „Lotosblüte“, die seit 2013 in Buchform (Softcover) erscheint und neben Versen und Kunstwerken der Haiku-Poeten auch zahlreiche Fachbeiträge beinhaltet.

 

Das umfangreiche Jahresprogramm mit regelmäßigen Treffen zum Vortragen und Besprechen neuer Texte, überdies mit einem Haiku-Seminar unter der Leitung von Petra Sela, das nicht nur Haiku-Schreiben, sondern auch das Umfeld des Haiku und die asiatische Kultur vermitteln soll, gipfelt in der Präsentation der Lotosblüte.

 

Im Laufe der 10 Jahre hat sich durch die Bestärkung und das fachliche Wissen von Univ.-Doz.in Dr.in Mag.a Hisaki Hashi eine Art "Österreichisches Haiku" entwickelt. Eine Tendenz, die sich schon in den 1984 publizierten Haiku von H.C. Artmann ankündigte. Großer Wert wird u.a. auf das Verfassen von Haiku in österreichischer Mundart gelegt.

Mit dem Symposium Wien als Schmelztiegel der Haiku-Dichtung, 2014, hat Petra Sela diese Entwicklung in fundierte Bahnen gelenkt. Die Vorträge sind in dem gleichnamige Buch in Deutsch und Englisch zusammengefasst.

 

Neben der Zusammenarbeit mit Poeten anderer Haiku-Gesellschaften, vor allem der Deutschen Haiku Gesellschaft, und mit literarischen Vereinen, wurden Kontakte mit Ikebana International Vienna Chapter und mit Bildenden Künstlern, besonders mit der Internationalen Kunstplattform arteMIX unter der Leitung von Rudolf Svoboda, gepflegt.

Dadurch war es möglich, über viele Jahre die Präsentationen der Lotosblüte in Der Kunstraum (Leitung Mag. Hubert Thurnhofer) in den Ringstrassen Galerien, Wien, abzuhalten. Großartige Musiker begleiteten die Veranstaltungen und erhöhten so den Kunstgenuss.


Das Kunstprojekt Soulconversation meets Sudan von Verena Prandstätter war Anstoß, Kontakt mit Haiku-Dichtern aus dem Kontinent Afrika aufzunehmen. Das Ergebnis liegt in der umfangreichen Publikation Afriku – Vienna meets Africa – Haiku (2019) in den Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch vor.

 

Die für November 2020 in Wien geplante Jubiläumsfeier mit Präsentation der Jubiläums-Lotosblüte, die einen ausführlichen Rückblick auf das 10-jährige Schaffen sowie viele aktuelle Beiträge der Mitglieder beinhaltet, musste aufgrund des zweiten Lock-Downs abgesagt werden.

 

Werke

 

Artmann, H.C.: Nachtwindsucher. Einundsechzig österreichische Haiku. Rainer Verlag, Berlin1986, 2. Aufl. (die Erstausgabe erschien 1984)

 

Heller, Friedrich (Hrsg.): Das Haiku in Österreich. St. Georgs Presse, 1992

 

Schäfer, Isolde (Hrsg.): Erde. Jahreslese 2000 der österreichischen Haiku-Gruppe. St. Georgs Presse 2001

 

Schäfer, Isolde (Hrsg.): Feuer. Jahreslese 2001 der österreichischen Haiku-Gruppe. St. Georgs Presse 2002

 

Schäfer, Isolde (Hrsg.): Luft. Jahreslese 2002 der österreichischen Haiku-Gruppe. St. Georgs Presse 2003 

 

Stix, Gottfried W.: licht in den fenstern. haiku – senryu – tanka. Wort und Welt, Thaur 1990

 

Sela, Petra (Hrsg.): Wien als Schmelztiegel der Haiku-Dichtung. Klassische und moderne Haiku Dichtung. Österr. Haiku Ges., Wien 2015. 

 

Bacher, Sylvia (Hrsg. und Übers.): AFRIKU. Vienna meets Africa. Haiku. Österreichische Haiku Gesellschaft, Wien 2019.